22. Apr 2020
Schürmatt Input

Mit Social Distancing enger zueinander finden

Das Corona-Virus stellt die Stiftung Schürmatt vor neue Herausforderungen. Homeoffice ist in der Betreuung nicht möglich, gewohnte Arbeitsabläufe verändern sich von heute auf morgen und alle müssen auf viel verzichten. Was dieser Bericht aber eindrücklich zeigt: Alle setzen sich für einander ein und schaffen so, trotz den erschwerten Bedingungen, bestmögliche Lebensqualität für die uns anvertrauten Menschen.

«Nähe und Distanz», ein sozialpädagogischer Grundsatz, der schon vor Corona-Zeiten beachtet werden musste, bekommt auf den Wohngruppen nochmals eine neue Dimension. Vor allem die Vorgaben vom Bund aber auch die Hygienemassnahmen verändern den Arbeitsalltag grundlegend.

Neue Abläufe und Rituale

Das gründliche Händewaschen wird zum konstanten Ritual, wie auch das Desinfizieren der Türgriffe, der Computertastatur und des Telefons. Es wird vermehrt geputzt und gelüftet. Der Mundschutz muss bei der Pflege getragen werden. Die Klienten verbringen nun Woche für Woche auf ihren Wohngruppen, ohne physischen Kontakt zu ihren Familien und Arbeitskolleginnen und -kollegen. Die für sie so wichtigen Sozialkontakte entfallen. 


So musste der Arbeitsbereich in kürzester Zeit umstrukturiert werden und ist nun grösstenteils in den Zwischenräumen der Wohngruppen angesiedelt. Die Bildung neuer Arbeitsgruppen war wichtig um eine gewisse «Normalität» und Sicherheit, im Sinn von gewohnten Tagesstrukturen, gewährleisten zu können.

Die Bewegungsfreiheiten sind eingeschränkt

Fakt ist, der Radius wie auch die Bewegungsfreiheit der Klienten werden stark eingeschränkt, das natürlich zum Schutze aller Betroffenen. Doch wie können diese Veränderungen erklärt werden? Wie ist ein solcher Virus, dieser gefährliche unsichtbare «Chäfer» den Risikogruppen verständlich zu machen, ohne dabei Ängste zu schüren? 


Die Betreuenden sowie Arbeitsagogen sind nun gefordert, sich diesen Fragestellungen anzunehmen, Bedürfnisse auf der sozialen Ebene abzudecken und so den Klienten trotz aller Umstände, Lebensqualität zu bieten.
Da sind viele Gespräche zu führen und ja, dabei wird manchmal auch herzhaft zusammen gelacht. Dieses Lachen dient der Resilienzförderung aller und tut der Seele gut. Das Lachen wirkt entspannend, ist gesundheitsfördernd und gibt Distanz zum Unfassbaren, dem uns alle bedrohenden «Chäfer». 

Singen gegen die Machtlosigkeit

Allen Klientinnen und Klienten muss an dieser Stelle ein grosses Lob ausgesprochen werden. Sie sind oft in der Lage, trotz aller Einschränkungen und Veränderungen, sich mit der Situation recht gut abfinden zu können. Dies vielleicht, weil sie sich diese bereits auf Grund ihrer Beeinträchtigungen gewohnt sind.

Trotz aller Einschränkungen, dem Mehraufwand sowie der Angst vor dem Unbekannten ist zu beobachten, dass die Mitarbeitenden der Stiftung Schürmatt «enger zueinander» gefunden haben, so skurril es tönen mag. Mehr menschliche Nähe auf Grund der erforderlichen körperlichen Distanz. Es wird enger «Hand in Hand» zusammengearbeitet, schnell kreative Lösungen gefunden sowie Beschlüsse in kürzester Zeit gefasst.

Die Klienten werden öfter in Arbeitsprozesse eingebunden, Selbstwirksamkeit wird gefördert. Etwas für andere Tun ist wichtig, hilft dem einengenden Gefühl der Machtlosigkeit entgegenzutreten. So werden beispielsweise Zöpfe und Kuchen gebacken, wie wild grilliert, Bärlauch auf dem Areal gesammelt und in kulinarische Köstlichkeiten verarbeitet. Das angebotene Singen, wird im Freien auf den Terrassen abgehalten, wirkt hörbar gruppenübergreifend und «ansteckend».

Sich Gehör verschaffen ist wichtig

Ja, der Druck und die Verantwortung aller Arbeitnehmenden ist gross, wie auch die des Arbeitgebers. Leider werden, in Zeiten dieser Krise, Menschen mit besonderen Bedürfnissen sowie die ihres Umfeldes «scheinbar vergessen». Überall wird um genügend Schutzmaterial «gekämpft», der Einsatz der Arbeitnehmer und deren Schutz gefordert. Eine Gratwanderung, ein Ding der Unmöglichkeit, so wie es scheint.

Aus diesen Gründen sind wir nun gefordert, für die uns anvertrauten Menschen und für uns «einzustehen», um uns damit Gewichtung zu geben und Gehör zu verschaffen. Wir dürfen den Mut, unser Lachen, die Freude an unserer Arbeit sowie unsere Gesundheit nicht verlieren.

Autorin: Christine Käppeli

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